1. Akkordeon-Orchester feierte Jubiläum
Die Instrumentalisten unter der Leitung von Bärbel Klott boten die ganze Bandbreite von Klassik bis Pop. Und auch das Zusammenwirken mit dem Chor sorgte für einen musikalisch spannenden Abend.
Mit Pauken und Triangel: Das 1. Akkordeon-Orchester Dinslaken 1965 präsentierte sich mit symphonischer Fülle
FOTO: OLEKSANDR VOSKRESENSKYI
DINSLAKEN |(bes) Klassische Werke mit sinfonischer Fülle, Originalkompositionen, Popmusik. Das 1. Akkordeon-Orchester Dinslaken 1965 beherrscht die ganze Bandbreite für seine Besetzung. Und dies seit 60 Jahren. Am Sonntag feierten die Aktiven, ihre Förderer, ihre Familien, Freunde und Liebhaber der Akkordeonmusik den runden Geburtstag mit einem großen Jubiläumskonzert in der Kathrin-Türks-Halle. Eine Gelegenheit, auf sechs Jahrzehnte eines Stücks Dinslakener Musikgeschichte zurückzublicken, aber auch die Qualität des Orchesters heute im Hier und Jetzt eindrucksvoll unter Beweis zu stellen.
Seit 1973 hat das 1. Akkordeon-Orchester Dinslaken immer wieder Preise gewonnen, warum, das konnte man gleich im Eröffnungsstück hören. Schostakowitschs „Festliche Ouvertüre“ erstrahlt in den verschiedenen Klangfarben des Orchesters in symphonischer Fülle: Die Fanfare mit Pauken und Trompeten, die virtuosen Streicher, die Solostimmen, es ist alles da. Das Stück atmet freudige Aufgeregtheit, drängt nach vorne. Man spürt die Fortschrittsgläubigkeit, die Schostakowitsch in das Stück anlässlich des 37-jährigen Jahrestags der Oktoberrevolution hineinkomponiert hat. Gleich hinterher gab es einen modernen Klassiker: Piazzollas „Libertango“, im Original vom Komponisten mit seinem Bandoneon gespielt, ist längst zu einem Standard für Piano-Akkordeons geworden.
So wie Piazzolla den Tango als Inspirationsquelle in die europäisch geprägte Orchestermusik einführte, so verarbeitete Arturo Marquéz mexikanische Folklore. Sein Danzón Nr. zwei war ein weiterer Ausflug ins Latin-Fach, dem im zweiten Teil des Konzerts noch Santanas „Smooth“ und „a night like this“ als Beispiele aus der Popmusik folgen sollten. Zum Abschluss des ersten Teils gab es dann auch mit dem 4. Satz aus Fritz Doblers „Keniade“ Originalmusik für Akkordeon-Orchester. Das Stück war mit Bedacht gewählt: 2012 errangen die Dinslakener damit die Landesmeisterschaft.
Leichtere Kost gab es dann im zweiten Teil. Leichter in Bezug auf die Komplexität der Komposition und die Rezeption des Publikums. Das Medley „Udo Jürgens in Concert“ hatte nicht nur für den Keyboarder, der zum Konzertflügel wechselte, spieltechnisch Anspruch. Und auf welchem Niveau man Popmusik präsentieren kann, zeigten auch die musikalischen Gäste des Abends.
Die 13 Sängerinnen der DC VoiceBand unter der Leitung von Rainer Stemmermann singen jede für sich in ihr eigenes Mikrophon. Die Gruppe ist kein einfacher Chor. Sie ist das Zusammenwirken von stimmstarken Sängerinnen, die einzeln bestehen können, im Ensemble jedoch die ganzen Möglichkeiten des jazzigen Popgesangs mit Pepp, rhythmischen Akzenten und weichem Close Harmony auf der Bühne zelebrieren.
Das Repertoire reichte dabei von Stemmermanns Arrangement von „Imagine“ - ganz ohne den bekannten Klavierpart und John Lennons kieksenden „Ah-aah“ - bis zu Sarah Connors „Vincent“, geschrieben übrigens von „Rosenstolz“-Komponist Peter Plate und seinem Lebensgefährten Leo Sommer. „Vor 60 Jahren hätten wir dieses Lied nicht singen können“, erklärte Stemmermann, „es hätte auf dem Index gestanden“. Am Sonntag war es der bejubelte Abschluss des zweiten Sets der DJ VoiceBand. Und das Akkordeon-Orchester selbst?
Das Publikum sang zwar bei der Zugabe „I will survive“ mit, aber das war ihm nicht genug. Erst nach „Highland Cathedral“, mit dem die Mitwirkenden zeigten, dass das Akkordeon nicht nur Orchesterstimmen, sondern auch Dudelsack kann, endete das glanzvolle Jubiläumskonzert.
INFO
Gegründet in den 60er Jahren
Es war 1965, als Wilhelm Sahner sich in Trossingen zum Leiter eines Akkordeon-Orchesters ausbilden ließ, um ein solches Schülerensemble in Dinslaken zu gründen. Von Anfang an dabei: Bärbel Klott, Hartmut List und Jutta und Herbert Driesen.
Die Vier waren auch am Sonntag auf der Bühne der KTH dabei: Drei mit ihren Instrumenten - Jutta Driesen ist Konzertmeisterin), die vierte dort, wo sie seit 50 Jahren, ihren Platz gefunden hat: auf dem Dirigentenpult. Am 22. März 1975 dirigierte sie erstmals das Orchester in einem Konzert, wie in den Annalen des Vereins nachzulesen ist - das Konzert am Sonntag war für sie ein doppeltes Jubiläum. Doch das Orchester sei eine Teamarbeit, betonte Moderator Simon Barthelmes, der selbst vor 25 Jahren erstmalig als Erzähler bei einem Konzert mitwirkte, damals noch als Grundschüler.
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